Langzeittörn mit Kleinkind …und die Planung geht weiter – Teil II

…und plötzlich ist alles schöner, lauter, ruhiger, lebendiger, müder, spannender, ängstlicher, umständlicher, liebevoller – einfach anders – einfach glücklicher

Das ist der Spruch, mit dem wir uns bei Freunden und Verwandten für die Glückwünsche zur Geburt bedankt haben. Und natürlich trifft er auch auf unsere Reise zu. Wobei ein wichtiger Punkt noch fehlt: einfach ungewiss.

Ungewiss ist/sind
… wie Gabriel auf das Leben an Bord und vor allem das Segeln reagieren
… Wind und Wetter
… die Versorgung mit Brei und Pampers ohne Auto und Drogeriemarkt um die Ecke
… wie wir neben Gabriels Equipment noch Platz für ein par Klamotten für die Großen an Bord finden werden
… wie wir Gabriel in einem Toiletgebouw duschen können

Yachthafen Lelystad Marina

Hab ich schon erwähnt, dass ich Ungewissheit so gar nicht mag? Hier zu Hause läuft unser Leben in geregelten Bahnen und unser Netzwerk aus Familie, Freunden, Kinderarzt und immer Einsatzbereiter Waschmaschine federn die Unwägbarkeiten des Lebens gut ab. Aber an Bord? Und in idyllischen und ruhigen Häfen auf malerischen Inseln? Keine Ahnung.

Aber Alex lässt sich von meinen Bedenken nicht aus der Ruhe bringen und sucht stattdessen nach Lösungen:

kurze Etappen, die notfalls während Gabriels Mittagsschlaf gesegelt oder gefahren werden können
kein hochambitionierten Törnplan, sondern genug Luft, um bei schlechtem Wetter im Hafen zu bleiben, einen schönen Spielplatz auch am nächsten Tag noch mal zu besuchen, um das Kind zu bespaßen oder in dem netten Café am Wasser auch noch einen zweiten oder dritten koffie verkeerd zu trinken und so die Mama bei Laune zu halten. Außerdem möchte Alex unterwegs genug Zeit haben, um am Boot zu schrauben und ein bisschen zu arbeiten
Downsizing: der große Kinderwagen bleibt zu Hause, ein Buggy kommt mit
Alternative Beschäftigung für schlechtes Wetter suchen: ein sicherer Spielplatz auf dem Salonboden für den Lütten und genug Lesestoff für die Großen, Landaktivitäten wie ein Besuch im Schwimmbad, im Dolfinarium, vielleicht sogar im Museum (hab gerade noch in DEM Segelmagazin einen Artikel über das frisch renovierte Schifffahrtsmuseum in Amsterdam gelesen und bin neugierig geworden)

Dolfinarium Harderwijk
Bei Bedarf die Infrastruktur einer Marina der Idylle eines abgelegenen Liegeplatzes vorziehen.

Und damit die Sicherheit an Bord auf gar keinen Fall fraglich ist, bereitet Alex sehr gewissenhaft das Schiff vor. Er erneuert zwei Borddurchlässe, tauscht die Toilettenschläuche, befestigt den Fuß vom Windgenerator neu, am Motor wird wie üblich eine Wartung durchgeführt, eine solche erhält auch der Pinnenpilot. Außerdem bekommt die Elektrik dickere Kabel, eine Hauptsicherung sowie eine Steckdose für USB-Stecker zum Laden der Smartphones. Außerdem hat Alex neue Tankstutzen für Diesel und Wasser eingebaut, die einfacher zu bedienen sind. Ein Tri-Lens Radarreflektor soll für Sicherheit sorgen. Zuletzt wird das Boot kindertauglich gemacht. Im Vorschiff wird eine Spiel- und Schlafecke eingerichtet, die Reling erhält schon mal ein Netz und alle Schlager auf Kinderhöhe werden gesichert. Ach ja: Der Papa gönnt sich eine neue Fock. Das musste mal sein, glaubt er zumindest.
Die regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten wie Antifouling aufbringen, das Rigg checken und Ölwechsel fallen natürlich auch an. Also pendelt Alex so oft es geht zwischen unserem Wohnort bei Aachen und Grou in Friesland, wo Valentine aufgebockt im Winterlager steht. Nachdem er letztes Jahr kaum am Schiff gearbeitet hat (er hat uns dafür ein tolles Haus gebaut), juckt es ihn natürlich auch in den Fingern, unserer alten Lady mal wieder was Gutes zu tun.

Zu Hause am Rechner und Telefon tauscht er sich auch mit anderen Familien aus, die schon Erfahrung mit “Baby an Bord“ haben. So konnte er schon eine Lösung für meine größte Sorge finden: dass das krabbelnde Baby über Bord geht. Ein Kollege empfiehlt uns ein Gurtzeug mit einer Öse auf dem Rücken. Eine Leine wird sowohl an dieser Öse als auch z.B. am Mast festgelascht und legt damit den Aktionsradius des kleinen Manns fest. Kaum angelegt probiert unser Junior erst mal, ob die langen Gurtbänder auch gut schmecken. Insgesamt scheint es ihn nicht zu stören. Ein wichtiges Argument für einen unkomplizierten Einsatz an Bord. Lediglich an die Gurten, die über die Schulter am Hals entlang laufen, müssen wir noch mal ran. Dort werden wir einen Schutzüberzug anbringen, damit der Gurt nicht am Hals scheuert. Mit der Nähmaschine ist das schnell erledigt und so kann ich auch etwas zu unserem Projekt beitragen.

Da an Bord die Kleiderkombination Gurtzeug und Schlafanzug wohl nicht so häufig zum tragen kommen wird, stellen wir uns die Frage: Was zieht der Wutz an Bord sonst so an? Lohnt sich die Investition in eine Art Ölzeug? Nachdem wir schon stolze 30,- € in einer Sonnenbrille angelegt haben, die er sich neuerdings ständig vom Kopf reißt, wollen wir uns vor weiteren Ausgaben mit erfahrenen Eltern austauschen. Hier ist unsere aktuelle Frageliste:

Wie sichert man neuralgische Punkte wie Hauptsicherung und Umformer vor neugierigen Kinderfingern?
Ist wetterfeste Kleidung notwendig oder bleibt man bei Schietwetter eh unter Deck?
Wo schläft der Zwerg und wie wird der Schlafplatz gesichert?
Welche Ausstattung war total überflüssig? Was wolltet ihr nicht missen?
Wo war das Baby während des Segelns? Unter Deck, in einer Tragehilfe (zu den verschiedenen Tragesystemen lassen wir uns Anfang Mai beraten)…

Wir werden immer wieder neue Fragen und natürlich auch die Antworten ergänzen. Vielleicht kann ja auch der ein oder andere Leser weiterhelfen. Tipps und Tricks gerne an Familie-auf-See@gmx.de.